Der Immobilienkaufvertrag ist eines der wichtigsten Dokumente beim Wohnungskauf. Er regelt alle Aspekte des Eigentumsübergangs und ist nach der Unterzeichnung bindend. Daher ist es essentiell, dass Sie alle Punkte genau prüfen, bevor Sie unterschreiben.
1. Vollständige Objektbeschreibung
Der Kaufvertrag muss die Immobilie eindeutig und vollständig beschreiben:
- Exakte Lage: Straße, Hausnummer, Stockwerk, Wohnungsnummer
- Grundbuch-Details: Gemarkung, Flur, Flurstück
- Wohnfläche: Genaue Quadratmeterangabe nach Wohnflächenverordnung
- Ausstattung: Alle fest eingebauten Gegenstände
- Stellplätze: Garage oder Parkplatz falls vorhanden
⚠️ Achtung bei Wohnflächenabweichungen
Weicht die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10% von der im Vertrag angegebenen ab, können Sie den Kaufpreis entsprechend mindern oder sogar vom Vertrag zurücktreten.
2. Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten
Alle finanziellen Aspekte müssen klar geregelt sein:
- Gesamtkaufpreis: Eindeutige Summe ohne Interpretationsspielraum
- Fälligkeit: Wann ist der Kaufpreis zu zahlen?
- Ratenzahlung: Falls vereinbart, genaue Modalitäten
- Verzugszinsen: Was passiert bei verspäteter Zahlung?
3. Eigentumsübergang und Besitzübergang
Diese beiden Begriffe sind rechtlich verschieden und sollten klar geregelt sein:
Eigentumsübergang
Das Eigentum geht erst mit der Eintragung ins Grundbuch über. Der Vertrag sollte regeln, unter welchen Bedingungen die Auflassung (Eigentumsübertragung) erfolgt.
Besitzübergang
Der Besitz (Nutzung) kann schon vor dem Eigentumsübergang wechseln. Wichtige Punkte:
- Übergabetermin
- Zustand der Immobilie bei Übergabe
- Schlüsselübergabe
- Übernahme von Nebenkosten ab Übergabe
4. Belastungen und Grundschulden
Prüfen Sie sorgfältig alle Belastungen des Grundstücks:
- Hypotheken: Bestehende Darlehen des Verkäufers
- Grundschulden: Sicherheiten für Kredite
- Wegerechte: Durchgangsrechte für Nachbarn
- Erbbaurechte: Rechte Dritter am Grundstück
- Vorkaufsrechte: Rechte der Gemeinde oder Dritter
5. Gewährleistung und Mängel
Der Umgang mit Mängeln ist ein kritischer Punkt:
Sichtbare Mängel
Alle zum Kaufzeitpunkt bekannten Mängel sollten im Vertrag aufgeführt werden. So vermeiden Sie spätere Diskussionen.
Versteckte Mängel
Für versteckte Mängel haftet der Verkäufer grundsätzlich. Viele Verträge schließen diese Haftung aber aus. Prüfen Sie:
- Gibt es einen Gewährleistungsausschluss?
- Welche Mängel sind ausgenommen?
- Wie lange gilt die Gewährleistung?
6. Erschließung und Anliegerkosten
Klären Sie die Kostentragung für:
- Erschließungskosten: Wer trägt noch offene Kosten?
- Anliegerkosten: Zukünftige Straßenbaukosten
- Modernisierungsumlagen: Bei Eigentumswohnungen
7. Finanzierungsvorbehalt
Schützen Sie sich mit einem Finanzierungsvorbehalt:
Muster-Klausel Finanzierungsvorbehalt:
"Dieser Vertrag steht unter dem Vorbehalt, dass der Käufer bis zum [Datum] eine Finanzierungszusage über [Betrag] Euro zu marktüblichen Konditionen erhält. Erfolgt keine Zusage, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten."
8. Steuerliche Aspekte
Regeln Sie steuerliche Fragen eindeutig:
- Grunderwerbsteuer: Trägt immer der Käufer
- Umsatzsteuer: Bei gewerblichen Verkäufern möglich
- Spekulationssteuer: Kann den Verkäufer betreffen
9. Teilungserklärung bei Eigentumswohnungen
Bei Eigentumswohnungen ist die Teilungserklärung essentiell:
- Gemeinschaftseigentum: Was gehört allen Eigentümern?
- Sondereigentum: Was gehört nur Ihnen?
- Hausordnung: Welche Regeln gelten?
- Hausgeld: Aktuelle Höhe und geplante Änderungen
- Instandhaltungsrücklage: Höhe der angesparten Mittel
10. Verkäufervollmacht und Vertretung
Prüfen Sie die Berechtigung des Verkäufers:
- Eigentumsnachweis: Ist der Verkäufer wirklich Eigentümer?
- Vollmachten: Bei Vertretung: Ist die Vollmacht gültig?
- Ehepartner: Bei Verheirateten: Zustimmung des Ehepartners
- Vormundschaft: Bei Minderjährigen: Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
Zusätzliche Tipps für den Vertragsabschluss
Vor der Beurkundung
- Lassen Sie sich den Vertragsentwurf mindestens eine Woche vor dem Termin zusenden
- Prüfen Sie alle Details in Ruhe
- Holen Sie sich bei Unklarheiten rechtlichen Rat
- Besichtigen Sie die Immobilie nochmals kurz vor Vertragsabschluss
Beim Notartermin
- Lassen Sie sich alle Punkte vom Notar erklären
- Stellen Sie Fragen bei Unklarheiten
- Unterschreiben Sie nie unter Zeitdruck
- Fordern Sie Bedenkzeit, wenn nötig
Fazit
Ein Immobilienkaufvertrag ist komplex und weitreichend. Mit dieser Checkliste sind Sie gut vorbereitet, um alle wichtigen Punkte zu prüfen. Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen – die Kosten für eine Beratung sind minimal im Vergleich zu den möglichen Folgen eines fehlerhaften Vertrags.
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